Der Regenbogen

Über Regenbögen findet man in fast allen Kulturen Mythen und Legenden. Bei den alten Griechen bildete der Regenbogen eine Brücke zwischen dem Himmel und der Erde; wenn die Götter einen Ausflug herunter auf die Erde machen wollten, bauten sie sich schlicht einen solchen. Die Inder hielten den Regenbogen für eine Straße, auf der die Seelen der Verstorbenen ins Jenseits wanderten, und im alten Babylon sah man darin die Halskette der Liebesgöttin Ishtar.



Historisches

Aristoteles (384-322 v.Chr.) erklärte hingegen, daß der Regenbogen eine natürliche Ursache haben mußte. Die Erscheinung sei nichts weiter als Sonnenlicht, das von Regenwolken auf ungewöhnliche Art gespiegelt wurde, und kam damit der Wahrheit schon näher.

Im Jahr 1304 hielt der Mönch Theoderich von Freiberg eine mit Wasser gefüllte runde Flasche ins Sonnenlicht und sah darin einen Regenbogen. Seine Entdeckung war, daß nicht die Regenwolken das Sonnenlicht zurückwarfen, sondern die Wassertropfen.
Aristoteles
Aristoteles
René Descartes (1595-1650) berechnete in solch einer runden Wasserflasche, die wie ein großer Tropfen wirkte, die Winkel der Strahlen, die notwendig sind, um einen Regenbogen zu erzeugen. Er beschrieb ihn als eine Reflexionserscheinung des Lichts in einem Wassertropfen: Sonnenstrahlen treffen auf die Tropfen und dringen in sie ein. Dabei werden sie nach dem Snellius'schen Gesetz, das 16 Jahre zuvor entdeckt worden ist, gebrochen. Auf der Innenseite des Tropfens werden die Strahlen reflektiert und beim Austritt erneut gebrochen.


Primär- und Sekundärbogen

Durch den Eintritt aus der Luft in ein anderes Medium (Wasser) werden die Lichtstrahlen der Sonne, abhängig von ihrer Wellenlänge, unterschiedlich stark gebrochen (Dispersion): Die kurzen Wellenlängen (blau) werden stärker gebrochen als die langen (rot). Der Wassertropfen wirkt somit gleichzeitig wie ein Spiegel und ein Prisma; der Regenbogen entsteht aus dem Zusammenspiel von Refraktion, Reflexion und Dispersion. Die Strahlen aus Millionen von Tropfen bilden zusammen schließlich das Band des Regenbogens. Strahlengang im Regentropfen
Strahlengang durch einen Regentropfen
Resultierend aus der einmaligen Reflexion an der Innenseite des Tropfens, tritt der sogenannte Primärbogen bei einem Winkel von 42° auf. Rot ist dabei an der Außenseite zu sehen. Bei 51° findet man einen weiteren Bogen, den Sekundärbogen, der von einer zweiten Lichtreflexion im Tropfen stammt. Er ist lichtschwächer, und seine Farbreihenfolge ist umgekehrt zum Primärbogen. Beide besitzen aber einen gemeinsamen Mittelpunkt, der auf der Geraden Sonne-Beobachter liegt. Dieser bildet für den Beobachter den "antisolaren Punkt". Der Schatten des Kopfes markiert beispielsweise diese Position.

Je tiefer die Sonne sinkt, desto höher steigt der antisolare Punkt, und damit auch der Regenbogen. Bei Sonnenuntergang erreicht der antisolare Punkt den Horizont, und der Regenbogen wird zu einem Halbkreis. Von einem Flugzeug aus könnte man unter geeigneten Bedingungen einen Vollkreis erkennen, mit dem Schatten des Flugzeugs im Kreiszentrum.
Primärbogen
Entstehung des Primärbogens unter dem Winkel von 42° um den antisolaren Punkt.

Andererseits wenn die Sonne steigt, verschwindet ein Regenbogen dann unter den Horizont, sobald die Sonne eine Höhe von mehr als 42° erreicht. Dies ist der Grund, warum es um die Mittagszeit bei uns niemals Regenbögen geben kann.

Häufig verwechselt als dritten Regenbogen werden die Lichtstreifen an der Unterseite des Primärbogens. Dies sind Interferenzstreifen, die dadurch entstehen, daß Lichtwellen gleicher Wellenlänge verschieden lange Wege in den Wassertropfen zurücklegen: Sie überlagern sich abwechselnd konstruktiv und destruktiv. Die Anzahl hängt sowohl von der Helligkeit des Primärbogens als auch von der Größe der Tropfen ab.
Edmund Halley (1656-1742) war der erste, der zeigte, daß es tatsächlich einen tertiären Bogen gibt, der aus der dreifachen Reflexion im Regentropfen resultiert. Er erscheint aus einer meist unerwarteten Richtung: aus der Richtung der Sonne (138°). Der tertiäre Bogen tritt dabei als Kreis um die Sonne herum auf. Er ist aber nicht leicht zu beobachten, weil die Bögen höherer Ordnung äußerst lichtschwach sind und von der hellen Sonne überstrahlt werden. Es existieren genauso Bögen vierter und fünfter Ordnung. Der vierte Bogen ist ebenfalls in Richtung Sonne plaziert, der fünfte liegt meist im dunkleren Band zwischen dem Primär- und Sekundärbogen. Reflexionen im Regentropfen
Reflexionen im Tropfeninneren, die zum Hauptregenbogen (a) und den Nebenregenbögen (b u. c) führen.


Besondere Varianten

Experimente mit anderen Substanzen als Wasser zeigen ebenso Regenbögen, allerdings mit unterschiedlichen Radien und Eigenschaften. Die Ursache liegt dabei in den Brechungsindizes der Medien. Sie beeinflussen den Winkel, bei dem das einfallende Licht gebrochen wird. Da der Brechungsindex des Wassers temperaturabhängig ist, kann man unter gewissen Umständen sehr merkwürdige Formen beobachten: Geysire sprühen warmes Wasser aus der Erde, und beim Herabfallen kühlt es sich ab. Der Regenbogen sieht dabei unzusammenhängend und sehr bizarr aus.
Während der letzten 5 bis 10 Minuten vor Sonnenuntergang verschwinden alle Farben bis auf rot. Manchmal ist solch ein rein roter Regenbogen sogar erstaunlich hell und bleibt für rund 10 Minuten nach Untergang der Sonne bestehen. Der untere Teil erscheint abgeschnitten (Erdschatten), so daß der Bogen erst ab einer gewissen Höhe über dem Horizont beginnt.

An der Küste oder an Seeufern kann man bei spiegelglatter Wasseroberfläche ein seltenes Phänomen beobachten, den "Spiegelbogen". Eine Wasserfläche wirft die Sonnenstrahlen gleichsam wie den antisolaren Punkt an den Himmel und läßt die dort schwebenden Regentropfen einen eigenen Regenbogen entstehen (RRS). Der Mittelpunkt des Kreises T' liegt genauso weit über dem Horizont wie sich der Mittelpunkt des gewöhnlichen Regenbogens T unter dem Horizont befindet. Der gespiegelte Regenbogen im Wasser (RR) ist eine Reflexion des normalen Bogens.
Spiegelbogen

R = gewöhnlicher Regenbogen, RR = reflektierter Regenbogen, RRS = Regenbogen geformt durch die im Wasser reflektierte Sonne.
Regenbögen gibt es auch um den Mond, allerdings ist er nicht farbig. Dies liegt an der physiologischen Beschaffenheit des Auges, das bei geringen Leuchtstärken nur zwischen hell und dunkel unterscheiden kann (Stäbchensehen). Oftmals wird der Mondregenbogen mit einem Halo verwechelt; ein Regenbogen ist nur auf der gegenüberliegenden Seite des Mondes sichtbar!

Ein und denselben Regenbogen sieht das Auge niemals wieder. Der Regenbogen ist nämlich ein Rundkegel mit der Spitze im Auge des Betrachters. Es sind nämlich nur ganz bestimmte Wassertropfen (auf der Oberfläche dieses Rundkegels), die ihn erzeugen - ob sie sich nun in Armlänge befinden oder kilometerweit entfernt sind. Da die Tropfen sich "zufälligerweise" in der entsprechenden Richtung befinden, sieht das Auge die Sonnenstrahlen, die von speziell diesen Tropfen umgelenkt worden sind. Jemand, der neben Ihnen steht, sieht auf jeden Fall einen Bogen, der von anderen Wassertropfen geformt wird. Auf diese Weise wird sogar jeder Regenbogen zu einem ganz persönlichen.


Zurück zum Kursheft
Zur Ausstellung
Startseite


Last modified: 2001, Jun 26